Ausgabe 04/2025 Donald Trump verfolgt aber eine andere Strategie. Er hat kein kohärentes wirtschaftliches Konzept. Er versteht grundlegende Me- chanismen nicht. Sein Handelsbilanz- defizit mit Kanada etwa bedeutet nicht, dass die USA benachteiligt werden. Wenn die Vereinigten Staaten mit Kana- da Handel betreiben und mehr impor- tieren, als sie nach Kanada exportieren, dann erwerben die Kanadier im Gegen- zug Ansprüche auf amerikanische Ver- mögenswerte, Geld oder Dienstleistun- gen wie den Tourismus in den USA. Es handelt sich um eine Wechselbezie- hung, die sich am Ende ausgleicht — es gibt keine Subvention. Wenn überhaupt jemand subventioniert, dann subven- tionieren die Kanadier die Amerikaner, weil sie ihnen Kredit gewähren, indem sie mehr US-Waren kaufen, als sie selbst exportieren. „Wir schaffen Frieden, und ihr, Ukrai ner, liefert uns Rohstoffe“, sagt Trump. Hier setzt sich schlicht der Stärkere gegen den Schwächeren durch, oder? Ja, im Moment gibt der Stärkere die Richtung vor. Das erinnert an den klas- sischen Schulhofrüpel, der sagt: „Ich bin der Stärkste, was willst du tun?“ In manchen Punkten ist Trumps Ana- lyse klar: Wir Europäer müssen mehr tun, um als ernst zu nehmender Partner zu gelten. Trump agiert selbstbewusst und missachtet bestehende Regeln, was zwar vieles zerstört, aber auch die Wahrheit aufzeigt, dass wir uns zu lange auf den Schutzschirm der Ameri- kaner verlassen haben. Europa muss also viel für seine Verteidigung tun. Das bedeutet massive Verschuldung. Würden wir unsere finanziellen Mittel intelligenter einsetzen, könnten wir bereits viel mehr erreichen. Warum brauchen wir zehn verschiedene Waf- fensysteme, wenn die USA mit einem oder zwei auskommen? Wenn wir diese Ineffizienz beseitigen und uns auf eine einheitliche militärische Strategie mit standardisierten Waffensystemen eini- gen, könnten wir erhebliche Mittel frei- setzen. Zudem verändert sich das Mili- tär grundlegend: Die Zukunft gehört nicht mehr schweren Panzern, sondern Drohnen und intelligenter Kriegsfüh- rung. Wenn es dann noch mehr Geld braucht, gibt es noch erheblichen Spiel- raum in den bestehenden Haushalten. Wo konkret? Wenn Friedrich Merz argumentiert, dass eine Reduzierung des Bürgergelds und die Rückführung von Menschen in den Arbeitsmarkt erhebliche Steuerein- nahmen schaffen könnten, steckt darin enormes Potenzial. Werden am Ende doch mehr Mittel benötigt, kann der Staatshaushalt das stemmen. Warum sollten die Finanzmärkte darauf nega- tiv reagieren? Die USA finanzieren jährlich ein Defizit von sieben Prozent, während Deutschland mit zwei bis drei Prozent immer noch solide wirt- schaftet. Der DAX entwickelt sich gut. Warum? Erstens gehören etwa 80 Prozent der DAX-Werte ausländischen Investoren, da die Deutschen selbst kaum inves- tieren. Zweitens stammt ein großer Teil der Umsätze und Gewinne aus dem Ausland. Der DAX ist also ein Markt- platz für internationales Geschäft. Viele Investoren haben sich in den DAX eingekauft, weil er schlichtweg unter- bewertet war. Die deutschen Auto - her steller waren extrem billig, deshalb wurden sie gekauft. Zudem wird der Wechsel hin zu einer konservativeren Regierung als wirtschaftsfreundlich wahrgenommen. Diese Hoffnung treibt die Kurse. Deutsche Autoaktien waren bisher nicht Ihre Favoriten. Ich würde deutsche Autohersteller der- zeit weiter meiden. Auch wenn intern bereits viel passiert, werden die Ergeb- nisse erst in einigen Jahren sichtbar. Die deutschen Hersteller werden in Zu- kunft nicht mehr so dominant sein, da chinesische Hersteller Marktanteile gewinnen. Wer heute investiert, kann langfristig sicher ein solides Portfolio aufbauen. Ich persönlich steige jedoch erst in zwei bis drei Jahren wieder ein. Wo sehen Sie aktuell schon Chancen? Ich sehe viel Potenzial in der zwei - ten Reihe deutscher Unternehmen: Sie- mens Healthineers, einer der Welt- marktführer für bildgebende Systeme im Gesundheitssektor, oder Sartorius, das im Pharmabereich aktuell unter- bewertet erscheint. Auch Tech-Zulie- ferer wie Infineon, die essenzielle Komponenten für Elektroautos liefern, sind interessant. Nach der Bundestagswahl werden oft Nebenwerte aus den Indizes MDAX und SDAX empfohlen. Die Unterneh men in diesen Indizes erzielen mehr als ein Drittel (MDAX) beziehungswei se 40 Prozent (SDAX) ihrer Gewinne in Deutschland und haben lange unter der Rezession gelitten. Haben Sie auch hier einige Favoriten? Bei weiteren Titeln aus der zweiten Reihe denke ich an Carl Zeiss Meditech, Fuchs, Aurubis und KWS Saat — alle mit starker Marktstellung, aber zeitwei- liger Schwäche. Gibt es angesichts der Umbrüche Branchen, die Sie bevorzugen? Die erneuerbaren Energien schreiten weitgehend unabhängig von politi- schen Entscheidungen voran. Zwar streicht Donald Trump Subventio- nen für erneuerbare Energien, was Windkraftanbieter Aufträge kostet. Dennoch gibt es einen starken, insbe- sondere von China getriebenen Preis- verfall. Das zeigt sich bei günstigen Windrädern und Solarpanels aus Chi- na. Zudem er leben wir einen Auf- schwung bei der Nutzung von Atom- kraftwerken für Rechenzentren — auch die sind CO2-frei. Ein weiterer wichti- ger Fortschritt sind die neuen