Die Abgrenzung Unabhängige Vermögensverwaltungen I 5 fall, sondern auf einen konkreten Bedarf zurückzuführen: „Wissen und Wachs- tum der unabhängigen Vermögensver- waltungen dienen den Kunden. Denn bei- de haben gleichgerichtete Interessen.“ Die Vertrauensbasis ist ein großer Plus- punkt: Keiner entscheidet sich für einen Berater, wenn zwischen beiden die Che- mie nicht stimmt. Diese Wahlfreiheit ist in der traditionellen Bankberatung nicht gegeben. Im Gegenteil: Die Ansprech- partner sind verhältnismäßig jung — und sie wechseln vergleichsweise häufig. Da- für sorgt die Umschlüsselung, so nennt man die Rotation der Beratungskräfte, die verhindern soll, dass die Loyalität zum Kunden größer werden kann als die zum Arbeitgeber. Anders als die rund hunderttausend Finanzdienstleister im deutschen Anla- gemarkt, die über Provisionen bezahlt werden, dürfen Finanzportfolioverwal- ter von Dritten weder Geld noch Ver- günstigungen annehmen. Wenn sie ei- nen speziellen Publikumsfonds als De- potbaustein nutzen, der Rückvergütun- gen vorsieht, müssen sie diese Zuflüsse unverzüglich und ungemindert an den Mandanten weiterleiten. Diese Alleinstellung macht sich für den Kunden bezahlt. Er kann sich sicher sein, dass er nur das bekommt, was er braucht und nicht etwas, das sich für Bank oder Berater optimal auszahlt. Im provionsgetriebenen Fondsvertrieb fließt Geld nur nach erfolgreichem Ver- kauf. Provisionsgetriebene Berater müs- sen also auf einen Abschluss drängen — und regelmäßig umschichten. Als Wegweiser bei der Suche nach einem individuellen Berater bietet sich die Zu- gehörigkeit zum Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) an. Voraussetzung, in diesen ausgesuch- ten Kreis aufgenommen zu werden, ist ein guter Ruf, die Verpflichtung, den VuV-Ehrenkodex einzuhalten, und eine Unabhängigkeit von Vorgaben seitens Banken oder Versicherungen. Mitglied können zudem nur Unternehmen wer den, die eine Zulassung der Bundesan stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für Finanzportfolioverwaltung erhalten haben, die sonst nur Bank insti tuten vorbehalten ist. Die Zugangskriterien sind streng. Ne ben drei oder mehr Jahren leitende Tä tigkeit in der Anlageberatung oder Ver mögensverwaltung in einem namhaf ten Unternehmen muss ein Kandidat persönlich integer sein. Er muss seine Firma finanziell und personell so aus gestattet haben, dass sie dauerhaft alle Vorgaben im Wertpapierhandels und Kreditwesengesetz erfüllen kann. Eine gut dotierte Vermögensschadenhaft pflichtVersicherung wird in der Regel ebenfalls vorgehalten. Das Zusammenspiel ist klar geregelt. Erst erarbeiten Kunde und Vermögensver walter gemeinsam Ziele und Vorgaben und fixieren diese in den Anlagericht linien. Dort ist geregelt, welche Arten von Wertpapieren gekauft werden dür fen, welche Quote eine Assetklasse ma ximal einnehmen soll und mit welchen temporären Verlusten in dieser Anlage strategie gerechnet werden muss. Dar an gebunden darf der Vermögensver walter auf das Depot zugreifen. Er muss Rechenschaft über jede Transaktion ab legen, aber nicht vor jeder Aktion um Erlaubnis bitten. Seine Dispositionsvollmacht ist zu dem in einem wichtigen Punkt einge schränkt: Er darf eigenständig Finanz instrumente wie Aktien, Renten, Fonds, Zertifikate, ETFs oder Sachwerte kau fen und verkaufen, kann aber kein Geld auf ein anderes Konto überweisen oder sonst irgendwie abzweigen. tah l a i r o t r e v d A Dr. Jörg W. Stotz Sprecher der Geschäftsführung, HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH Neue Herausforderungen für die Fondsbranche €uro spezial: 2021 war für die Fondsindustrie ein Rekordjahr. Zuletzt haben die Herausforderungen aber zugenommen? Jörg W. Stotz: In der Tat ist das Umfeld schwieriger geworden. Insbesondere die hohen Inflationsraten und steigende Zinsen stellen Herausforderung dar, die nicht über Nacht wieder verschwinden werden. Auch der Ukraine-Krieg dämpft das Neugeschäft. Hinzu kommen die üblichen Themen, wie die sich kontinuier- lich verändernde Regulierung und die voranschreiten- de Digitalisierung. Als Service-KVG sind wir da stärker gefragt und gefordert als je zuvor. ? Stichwort Regulierung und ESG: Wie können sich Fondsgesellschaften hier rüsten? Stotz: Die Anforderungen an das ESG-Reporting und dessen Nachvollziehbarkeit werden immer höher. Gerade Fondsgesellschaften ohne großen internen Apparat sind an dieser Stelle auf fundierte externe Beratung angewiesen. Die HANSAINVEST hat zu diesem Zweck ein fünfköpfiges Team eingerichtet, das die Asset- Manager bei der Interpretation, der Umsetzung und der Einhaltung der Regularien unterstützt. Dabei können unsere Kunden beispielsweise auch ihre Einschätzung zur Nachhaltigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen, bei denen es kein offizielles ESG-Rating gibt, durch uns über- prüfen lassen. Vorherrschendes Thema ist aktuell aber die Einführung der Nachhaltigkeitsberatung. ? Welche Chancen bieten junge Geschäftsfelder wie Kryptoassets oder die Tokenisierung von Fondsanteilen? Stotz: Bei den Zukunftsthemen Blockchain und Krypto assets sind wir bereits erste Schritte gegangen, wie etwa mit der Verwaltung eines ersten Fonds in diesem Bereich, des BIT Crypto Opportunities. Bei der Tokenisierung von Fondsanteilen stehen wir in den Startlöchern. Hier gibt es bereits Anfragen unter- schiedlicher Couleur von Privatbanken und Vermögens verwaltern sowie für Immobilienfonds. Allerdings fehlen noch die nötigen Standards und es gibt noch ungelöste rechtliche Fragen, beispielsweise wie die tokenisierten Anteile in die Wallet gelangen. © E T E K K O T S ; ® K C O T S G B I : O T O F